Berufsporträt: Konjunkturforscher / Konjunkturforscherin
Konjunkturforscherinnen und Konjunkturforscher analysieren die aktuelle wirtschaftliche Lage, erstellen Prognosen zur zukünftigen Entwicklung und beraten Politik, Unternehmen und Verbände auf Basis wissenschaftlich fundierter Daten.
Jobangebote: Konjunkturforscher / Konjunkturforscherin

1. Einleitung
Wie entwickelt sich die Wirtschaft in den nächsten Monaten? Steigen Arbeitslosigkeit, Inflation oder Investitionen? Auf solche Fragen suchen Konjunkturforscherinnen und Konjunkturforscher fundierte Antworten. Sie werten Statistiken aus, erstellen Modelle und veröffentlichen Gutachten, die in Medien, Ministerien und Zentralbanken aufmerksam verfolgt werden.
Der Beruf verbindet wirtschaftswissenschaftliche Theorie mit praktischer Politikberatung. Wer sich für Daten, Statistik und wirtschaftliche Zusammenhänge interessiert und gerne analytisch arbeitet, findet hier ein anspruchsvolles und verantwortungsvolles Tätigkeitsfeld.
2. Ein Tag als Konjunkturforscher / Konjunkturforscherin
Der Arbeitsalltag hängt stark davon ab, ob du an einem Forschungsinstitut, einer Hochschule, einer Bank, einem Ministerium oder einem Verband tätig bist. Typisch ist jedoch eine Mischung aus Datenauswertung, Modellrechnungen, Abstimmung im Team und Kommunikation nach außen.
Typischer Tagesablauf
- Morgens: Sichtung aktueller Wirtschaftsdaten (z. B. vom Statistischen Bundesamt, Bundesbank, Eurostat), Lesen von Wirtschafts- und Finanznachrichten, Aktualisierung von Zeitreihen.
- Vormittags: Arbeit an Konjunkturmodellen, Berechnung neuer Prognosen, Auswertung von Indikatoren wie BIP, Auftragseingänge, Konsum, Arbeitsmarkt und Preisentwicklung.
- Mittags: Team-Meeting zur Diskussion der Ergebnisse, Abstimmung von Annahmen und Szenarien für Kurz- und Mittelfristprognosen.
- Nachmittags: Verfassen von Berichten, Kommentaren und Präsentationen, ggf. Vorbereitung von Pressekonferenzen oder Hintergrundgesprächen mit Ministerien und Verbänden.
- Später Nachmittag: Beantwortung von Anfragen aus Politik, Medien oder Unternehmen, Pflege von Datenbanken und Dokumentation der Analysen.
In Phasen, in denen Konjunkturberichte oder Gutachten erscheinen, kann die Arbeit sehr intensiv sein: Deadlines, kurzfristige Analysen bei unerwarteten Ereignissen (z. B. Energiepreisschocks, Krisen, neue Gesetze) und Interviews mit Medien gehören dann dazu.
3. Aufgaben
Konjunkturforscherinnen und Konjunkturforscher arbeiten empirisch, datenbasiert und modellgestützt. Ihre Aufgaben reichen von der Datenerhebung über die statistische Analyse bis zur Interpretation und Kommunikation der Ergebnisse.
Zentrale Tätigkeiten
- Beobachtung der wirtschaftlichen Lage
- Sammeln und Aufbereiten makroökonomischer Daten (BIP, Industrieproduktion, Außenhandel, Preise, Arbeitsmarkt).
- Analyse von Stimmungsindikatoren (z. B. Unternehmens- und Verbraucherumfragen).
- Überwachung internationaler Entwicklungen und deren Bedeutung für Deutschland.
- Erstellung von Konjunkturprognosen
- Entwicklung und Pflege ökonometrischer Modelle.
- Berechnung von Prognosen für Wachstum, Inflation, Beschäftigung, Investitionen.
- Durchspielen von Szenarien (z. B. Auswirkungen von Energiepreisen, Fiskalprogrammen, Zinsänderungen).
- Politikberatung und Gutachten
- Mitarbeit an Konjunkturberichten, Jahresgutachten und Sonderanalysen.
- Bewertung wirtschaftspolitischer Maßnahmen (z. B. Konjunkturprogramme, Steueränderungen).
- Erstellung von Stellungnahmen für Ministerien, Parlamente oder Verbände.
- Wissenschaftliche Forschung
- Veröffentlichung von Studien zu Konjunktur, Strukturwandel, Produktivität und Arbeitsmarkt.
- Teilnahme an Konferenzen und Facharbeitskreisen.
- Weiterentwicklung von Methoden (z. B. Nowcasting, Big-Data-Ansätze).
- Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
- Vorstellung von Ergebnissen in Pressekonferenzen und Fachgremien.
- Interviews und Hintergrundgespräche mit Medien.
- Erstellung allgemein verständlicher Kurzgutachten, Grafiken und Kommentierungen.
Wichtige Fähigkeiten
- Sehr gute Kenntnisse in Volkswirtschaftslehre (insbesondere Makroökonomie, Wirtschaftspolitik).
- Sicherer Umgang mit Statistik, ökonometrischen Methoden und empirischer Sozialforschung.
- Routine im Einsatz von Statistik- und Programmiersoftware (z. B. R, Stata, EViews, Python, SQL).
- Fähigkeit, komplexe Sachverhalte prägnant und verständlich zu erklären – schriftlich und mündlich.
- Sehr gute Englischkenntnisse für internationale Fachliteratur und Zusammenarbeit.
- Sorgfalt, analytisches Denken, Belastbarkeit und Eigenständigkeit.
4. Ausbildung / Approbation
Der Beruf Konjunkturforscher / Konjunkturforscherin ist in Deutschland nicht reglementiert. Es gibt also keine staatliche Approbation oder geschützte Berufsbezeichnung. In der Praxis wird jedoch ein hohes Qualifikationsniveau erwartet.
Akademische Voraussetzungen
- Erforderlich ist in der Regel ein abgeschlossenes Hochschulstudium im Bereich:
- Volkswirtschaftslehre (VWL),
- Wirtschaftswissenschaften / Economics,
- Quantitative Economics, Econometrics oder verwandte wirtschaftsnahe Studiengänge.
- Üblich ist mindestens ein Masterabschluss, häufig auch eine Promotion (Dr. rer. pol., PhD), insbesondere an Forschungsinstituten, Hochschulen und in wissenschaftlichen Abteilungen von Zentralbanken und Ministerien.
Studieninhalte (Beispiele)
- Makroökonomie und Konjunkturtheorie
- Ökonometrie und angewandte Statistik
- Wirtschaftspolitik, Finanz- und Geldpolitik
- Internationale Wirtschaftsbeziehungen
- Arbeitsmarktökonomik und Strukturwandel
- Datenanalyse, Programmierung, empirische Forschung
Praktische Erfahrungen
Für den Einstieg in die Konjunkturforschung sind praktische Stationen während des Studiums sehr hilfreich:
- Praktika an wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstituten (z. B. Leibniz-Institute, DIW Berlin).
- Praktika bei Ministerien (z. B. Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz), der Deutschen Bundesbank oder internationalen Organisationen (z. B. OECD, IWF).
- Werkstudierendentätigkeiten in Forschungsprojekten, Prognoseabteilungen von Banken oder großen Unternehmen.
Weiterbildung und Spezialisierung
- Vertiefende Kurse in Ökonometrie, Zeitreihenanalyse und Konjunkturdiagnose.
- Summer Schools und Methoden-Workshops (z. B. in Paneldatenanalyse, Makromodellierung).
- Fachspezifische Weiterbildungen zu Themen wie Klimapolitik, Energieökonomik, Digitalwirtschaft und Finanzmärkte.
5. Gehalt als Konjunkturforscher / Konjunkturforscherin
Die Einkommen in der Konjunkturforschung hängen davon ab, ob du im öffentlichen Dienst, an Hochschulen, bei Forschungsinstituten oder in der Privatwirtschaft beschäftigt bist. Verlässliche Durchschnittswerte speziell für Konjunkturforscher sind begrenzt; als Orientierung dienen tarifliche Regelungen und Gehaltsangaben für volkswirtschaftliche Fachpositionen.
Gehalt im öffentlichen Dienst und an Hochschulen
Viele Konjunkturforscherinnen und Konjunkturforscher an öffentlich finanzierten Wirtschaftsforschungsinstituten und Hochschulen werden nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) oder vergleichbaren Tarifen vergütet.
| Funktion / Qualifikation (Beispiel) | Entgeltgruppe (typisch) | Erfahrungsstufe | Monatsgehalt ca. (Brutto) | Jahresgehalt ca. (Brutto) | Quelle / Jahr |
|---|---|---|---|---|---|
| Einstieg mit Masterabschluss (wissenschaftliche Mitarbeit) | TV-L E13 | Stufe 1 | ca. 4.200 € | ca. 50.400 € | TV-L, Tarifrechner 2025 |
| Erfahrene wissenschaftliche Mitarbeit | TV-L E13 | Stufe 3–4 | ca. 4.800–5.200 € | ca. 57.600–62.400 € | TV-L, Tarifrechner 2025 |
| Leitende Funktionen / Projektleitung | TV-L E14–E15 | Stufe 3–4 | ca. 5.500–6.500 € | ca. 66.000–78.000 € | TV-L, Tarifrechner 2025 |
Gehalt in Banken, Verbänden und Unternehmen
Konjunkturforscherinnen und Konjunkturforscher, die in Banken, großen Unternehmen oder Wirtschaftsverbänden arbeiten, werden häufig außertariflich oder nach Haustarif bezahlt. Die Spannbreite ist relativ groß.
- Einstieg in der Privatwirtschaft: häufig ca. 50.000–60.000 € brutto pro Jahr, abhängig von Region, Unternehmensgröße und Aufgabenbereich.
- Mit Berufserfahrung (ca. 5–10 Jahre): etwa 65.000–85.000 € brutto pro Jahr möglich, insbesondere in leitenden Analyse- oder Prognoseabteilungen.
- Führungspositionen: in großen Banken, Verbänden oder Unternehmen können Gehälter deutlich oberhalb von 90.000 € brutto jährlich erreicht werden.
Die genannten Werte sind Orientierungsgrößen (Stand: 2024). Aktuelle und detaillierte Gehaltsangaben findest du etwa bei Tarifrechnern für den öffentlichen Dienst sowie bei spezialisierten Gehaltsportalen.
6. Karrierewege
Konjunkturforschung bietet vielfältige Karriereoptionen in Forschung, Politikberatung und Wirtschaft. Der typische Einstieg erfolgt über wissenschaftliche Mitarbeit oder Junior-Positionen in Analyseabteilungen.
Einstiegsmöglichkeiten
- Wirtschaftsforschungsinstitute (z. B. Institute der Leibniz-Gemeinschaft, DIW Berlin, ifo Institut, RWI).
- Hochschulen und Universitäten (wissenschaftliche Mitarbeit in Lehrstühlen für Makroökonomie, Konjunkturforschung, Empirische Wirtschaftsforschung).
- Ministerien und Behörden (z. B. Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Bundesministerium der Finanzen, Bundesbank, Statistische Ämter).
- Banken und Finanzinstitute (Research-Abteilungen, Economic Research, Market Analysis).
- Wirtschaftsverbände und Kammern (z. B. Branchenverbände, Industrie- und Handelskammern).
Typische Karrierestufen
- Wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in oder Junior Economist
- Mitarbeit bei Datenauswertungen, Modellen und Teilkapiteln von Gutachten.
- Oft in Verbindung mit einer Promotion.
- Research Economist / Referent/in Konjunktur
- Eigenverantwortliche Bearbeitung von Themenfeldern (z. B. Arbeitsmarkt, Außenwirtschaft).
- Mitwirkung an Konjunkturberichten, eigenständige Veröffentlichungen.
- Senior Economist / Projektleitung
- Koordination von Forschungsprojekten, Leitung kleiner Teams.
- Intensive Beratung von Politik und Verbänden, häufige Medienkontakte.
- Abteilungs- oder Institutsleitung
- Strategische Verantwortung für Forschungsprogramme und Gutachten.
- Repräsentation in nationalen und internationalen Gremien.
Wechselmöglichkeiten
Mit Erfahrung in der Konjunkturforschung öffnen sich weitere Berufsfelder:
- Wechsel in Ministerien und Zentralbanken (Grundsatzreferate, Prognoseeinheiten).
- Aufbau einer Karriere im Risikomanagement, Research oder Strategie von Banken und Unternehmen.
- Tätigkeit in internationalen Organisationen (z. B. OECD, EU, IWF, Weltbank).
- Wechsel in die Hochschullehre mit Professur, insbesondere bei vorhandener Habilitation oder vergleichbarer wissenschaftlicher Qualifikation.
7. Verwandte Berufe
Wenn dich Konjunkturforschung interessiert, kommen je nach Schwerpunkt auch andere volkswirtschaftliche oder analytische Tätigkeiten infrage:
- Volkswirt / Volkswirtin mit Schwerpunkten z. B. Arbeitsmarkt, Außenwirtschaft oder Finanzpolitik.
- Datenanalyst / Data Analyst im wirtschaftlichen Kontext (z. B. Markt- und Wettbewerbsanalysen).
- Finanzanalyst / Financial Analyst in Banken oder Unternehmen.
- Wirtschaftspolitische/r Referent/in in Ministerien, Verbänden oder Fraktionen.
- Wirtschaftsjournalist / -journalistin mit Schwerpunkt Makroökonomie und Konjunktur.
- Statistiker / Statistikerin in amtlichen Statistiken, Forschungsinstituten oder Unternehmen.
8. FAQ: Konjunkturforscher / Konjunkturforscherin
1. Was macht ein Konjunkturforscher genau?
Konjunkturforscherinnen und Konjunkturforscher untersuchen die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes oder einer Region. Sie sammeln und analysieren Daten zu Wachstum, Preisen, Beschäftigung und Investitionen, erstellen Prognosen und bewerten wirtschaftspolitische Maßnahmen. Ihre Analysen dienen als Grundlage für Entscheidungen von Politik, Unternehmen und Zentralbanken.
2. Welchen Studienabschluss brauche ich für die Konjunkturforschung?
In der Praxis wird mindestens ein Masterabschluss in Volkswirtschaftslehre, Economics oder einem verwandten quantitativen wirtschaftswissenschaftlichen Studiengang erwartet. Für viele Stellen an Forschungsinstituten, Universitäten oder Zentralbanken ist zudem eine Promotion üblich oder ausdrücklich erwünscht.
3. Wie sind die Berufsaussichten für Konjunkturforscher?
Der Arbeitsmarkt ist spezialisiert, aber stabil. Expertise in Makroökonomie und empirischer Forschung wird in Wirtschaftsforschungsinstituten, Ministerien, Zentralbanken, internationalen Organisationen, Banken und Verbänden nachgefragt. Wer über sehr gute quantitative Fähigkeiten, Programmierkenntnisse und einschlägige Praxiserfahrung verfügt, verbessert seine Chancen deutlich.
4. Wie unterscheidet sich Konjunkturforschung von allgemeiner Volkswirtschaftslehre?
Konjunkturforschung konzentriert sich auf die kurzfristige bis mittelfristige wirtschaftliche Entwicklung (z. B. BIP-Wachstum in den nächsten Quartalen), während die Volkswirtschaftslehre insgesamt auch langfristige Fragen wie Strukturwandel, Verteilung, Innovation und Institutionen untersucht. In der Konjunkturforschung steht die laufende Beobachtung, Prognose und Bewertung wirtschaftlicher Lage und Politik im Vordergrund, meist mit stark empirisch-quantitativen Methoden.
9. Quellenblock
- Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL): Informationen zum Tarifvertrag der Länder (TV-L), Entgelttabellen, Stand 2024. Online abrufbar unter: www.tdl-online.de.
- Informationsportal zum öffentlichen Dienst: TV-L-Tarifrechner und Entgelttabellen, Stand 2024. Online abrufbar unter: www.oeffentlicher-dienst.info.
- Statistisches Bundesamt (Destatis): Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, Preis- und Arbeitsmarktstatistiken. Online abrufbar unter: www.destatis.de.
- Deutsche Bundesbank: Monatsberichte und volkswirtschaftliche Analysen. Online abrufbar unter: www.bundesbank.de.