Orthopäde / Orthopädin: Beruf, Aufgaben, Ausbildung & Gehalt
Orthopädinnen und Orthopäden sind Fachärztinnen und Fachärzte für Erkrankungen, Verletzungen und Fehlstellungen des Bewegungsapparates – also von Knochen, Gelenken, Muskeln, Sehnen und Bändern. Sie behandeln Patientinnen und Patienten jeden Alters, von Säuglingen mit angeborenen Fehlstellungen bis zu älteren Menschen mit Arthrose oder Osteoporose.
Jobangebote: Orthopäde / Orthopädin

1. Einleitung
Der Beruf Orthopäde / Orthopädin verbindet medizinische Fachkompetenz mit handwerklichem Geschick und viel Patientenkontakt. Im Mittelpunkt steht die Erhaltung und Wiederherstellung der Beweglichkeit – beispielsweise nach Sportverletzungen, Unfällen oder bei chronischen Gelenkerkrankungen. Orthopädinnen und Orthopäden arbeiten in Praxen, Kliniken, Reha-Einrichtungen oder speziellen Zentren für Unfall- und Wirbelsäulenchirurgie.
Die Facharztweiterbildung Orthopädie und Unfallchirurgie ist anspruchsvoll und zeitintensiv, bietet aber ein breites Spektrum an konservativen (nicht-operativen) und operativen Behandlungsmöglichkeiten – von Physiotherapie und Injektionen bis hin zu Gelenkersatzoperationen.
2. Ein Tag als Orthopäde / Orthopädin
Der Arbeitsalltag hängt stark davon ab, ob du in einer Praxis, einer Klinik oder in einer Spezialambulanz tätig bist. Typisch ist eine Kombination aus Sprechstunden, Diagnostik, Therapien und administrativen Aufgaben.
Typischer Tagesablauf in der Praxis
- Morgens: Sichtung von Befunden, Röntgen- und MRT-Bildern, Vorbereitung der Sprechstunde.
- Vormittag: Sprechstunden mit Terminpatienten – z. B. Arthroseschmerzen, Rückenbeschwerden, Sportverletzungen, Kontrolluntersuchungen nach Operationen.
- Mittag: Telefonate mit Hausärztinnen und Hausärzten, Physiotherapiepraxen und Kliniken, Büroarbeit, Befunddokumentation.
- Nachmittag: Verbandswechsel, Injektionstherapien, Gips- und Schienenanlagen, Aufklärungsgespräche für geplante Operationen.
- Abend: Nacharbeit der Dokumentation, Auswertung von Untersuchungsergebnissen, ggf. Rufbereitschaft.
Arbeitsalltag in der Klinik
Im Krankenhaus spielt die operative Versorgung eine größere Rolle. Orthopädinnen und Orthopäden in der Klinik:
- führen Operationen durch, z. B. Gelenkersatz, Korrektureingriffe, Stabilisierung von Brüchen,
- betreuen Patientinnen und Patienten auf der Station,
- arbeiten in der Notaufnahme, z. B. bei Brüchen, Bänderrissen oder Unfällen,
- nehmen an Ruf- und Bereitschaftsdiensten teil.
Der Beruf erfordert ein hohes Maß an Teamarbeit – sowohl mit anderen Fachärztinnen und Fachärzten (z. B. Radiologie, Anästhesie) als auch mit Pflege, Physiotherapie und Ergotherapie.
3. Aufgaben eines Orthopäden / einer Orthopädin
Das Tätigkeitsfeld von Orthopädinnen und Orthopäden ist breit und umfasst Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge bei Erkrankungen und Verletzungen des Bewegungsapparates.
Kernaufgaben im Überblick
- Diagnostik von Beschwerden des Bewegungsapparates:
- Anamnese (Erhebung der Krankengeschichte)
- Körperliche Untersuchung, Funktions- und Bewegungstests
- Anordnung und Beurteilung von Röntgen, MRT, CT, Ultraschall
- Konservative Therapie (nicht-operativ):
- Verordnung von Physiotherapie, Ergotherapie, Hilfsmitteln (z. B. Orthesen, Einlagen)
- Medikamentöse Behandlung, z. B. Schmerzmittel, entzündungshemmende Medikamente
- Injektionstherapien (z. B. in Gelenke, an die Wirbelsäule)
- Gips- und Schienenversorgung, Ruhigstellung
- Operative Therapie (je nach Spezialisierung und Einsatzbereich):
- Gelenkersatz (z. B. Hüft- oder Knieprothesen)
- Korrekturoperationen bei Fehlstellungen
- Versorgung von Knochenbrüchen und Bänderrissen
- Wirbelsäulenoperationen
- Prävention und Beratung:
- Aufklärung zu gelenkschonender Bewegung und ergonomischem Arbeiten
- Beratung von Sportlerinnen und Sportlern zu Belastungssteuerung und Verletzungsprophylaxe
- Langfristige Betreuung:
- Therapiebegleitung bei chronischen Erkrankungen, z. B. Arthrose, Rheuma (gemeinsam mit Rheumatologie)
- Reha-Planung nach Operationen, Zusammenarbeit mit Reha-Kliniken
Wichtige Fähigkeiten und persönliche Voraussetzungen
- Interesse an Anatomie, Chirurgie und technischen Verfahren (z. B. Bildgebung, Operationstechnik)
- Gute manuelle Fertigkeiten und räumliches Vorstellungsvermögen
- Belastbarkeit, insbesondere bei Diensten und Operationen
- Empathie und Kommunikationsstärke im Umgang mit Schmerzpatientinnen und -patienten
- Teamfähigkeit in interdisziplinären Behandlungsteams
4. Ausbildung / Approbation: Weg zur Orthopädin / zum Orthopäden
Orthopäde bzw. Orthopädin ist ein ärztlicher Facharztberuf. Zunächst wird ein Medizinstudium absolviert, anschließend folgt die Facharztweiterbildung.
Schritt 1: Medizinstudium und Approbation
- Zugang zum Medizinstudium
Voraussetzung ist in der Regel die allgemeine Hochschulreife (Abitur) und ein Studienplatz im Studiengang Humanmedizin. Die Vergabe erfolgt zentral über die Stiftung für Hochschulzulassung (hochschulstart.de) mit verschiedenen Quoten (Abiturbestenquote, Zusätzliche Eignungsquote, Auswahlverfahren der Hochschulen). - Studium der Humanmedizin
Das Medizinstudium dauert in Deutschland in der Regel sechs Jahre und drei Monate und schließt mit dem Dritten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (Staatsexamen) ab.
Rechtsgrundlage ist die Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO). - Approbation als Arzt / Ärztin
Nach bestandenem Staatsexamen kann die Approbation als Arzt bzw. Ärztin bei der zuständigen Behörde des Bundeslandes beantragt werden (i. d. R. Landesprüfungsamt oder Gesundheitsbehörde).
Schritt 2: Facharztweiterbildung Orthopädie und Unfallchirurgie
Die Facharztqualifikation wird im Rahmen einer geregelten Weiterbildung erworben. Zuständig für Inhalte und Anerkennung sind die Landesärztekammern auf Basis der (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer.
- Dauer der Weiterbildung: in der Regel 6 Jahre in Vollzeit
- Struktur:
- Basisweiterbildung im Fachgebiet Chirurgie / Orthopädie und Unfallchirurgie (z. B. 2 Jahre)
- Fachspezifische Weiterbildung Orthopädie und Unfallchirurgie (z. B. 4 Jahre)
- Inhalte: konservative Orthopädie, Unfallchirurgie, Notfallversorgung, operative Techniken, Rehabilitationsmedizin
- Abschluss: Facharztprüfung vor der zuständigen Ärztekammer
Die Weiterbildung erfolgt in zugelassenen Weiterbildungsstätten (Kliniken, teilweise Praxen), die von den Landesärztekammern anerkannt sind. Die Zeiten und Inhalte werden in einem Logbuch dokumentiert und von weiterbildungsbefugten Fachärztinnen und Fachärzten bestätigt.
Fort- und Weiterbildungspflicht
Ärztinnen und Ärzte sind nach den Berufsordnungen der Landesärztekammern verpflichtet, sich regelmäßig fortzubilden und Fortbildungspunkte zu sammeln. Dies ist auch für Orthopädinnen und Orthopäden Voraussetzung, um auf dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft zu bleiben.
5. Gehalt als Orthopäde / Orthopädin
Das Einkommen von Orthopädinnen und Orthopäden hängt stark vom Tätigkeitsbereich (Praxis vs. Klinik), der Berufserfahrung, der Region und der Art der Anstellung ab. Die folgenden Angaben beziehen sich auf verfügbare Tarifdaten und Statistiken.
Gehalt im Krankenhaus (angestellte Fachärzte)
Für angestellte Ärztinnen und Ärzte in kommunalen Kliniken gilt häufig der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern (TV-Ärzte/VKA). Nach diesem Tarif liegen die Bruttogehälter (Stand: 2023/2024) für Fachärztinnen und Fachärzte – unabhängig vom Fachgebiet – ungefähr im folgenden Bereich:
| Erfahrungsstufe | Monatsbrutto (ca.) | Jahresbrutto (ca.) |
|---|---|---|
| Berufseinstieg als Facharzt (Stufe 1) | 6.500 € | 78.000 € |
| Mehrere Jahre Berufserfahrung (Stufe 3–4) | 7.200–7.700 € | 86.400–92.400 € |
| Langjährige Erfahrung (Stufe 5–6) | 8.000–8.500 € | 96.000–102.000 € |
Hinzu kommen häufig Zulagen für Dienste (Bereitschafts- und Rufdienste), die das effektive Jahresgehalt deutlich erhöhen können.
Gehalt in der Weiterbildung (Assistenzarzt / Assistenzärztin)
Während der Facharztweiterbildung orientiert sich das Gehalt an den entsprechenden Assistenzarzt-Tarifen. In kommunalen Häusern liegen die Einstiegsgehälter nach TV-Ärzte/VKA in etwa im Bereich von rund 4.800–5.000 € brutto pro Monat (Stand 2023/2024).
Einkommen in eigener Praxis
Niedergelassene Orthopädinnen und Orthopäden erzielen ihr Einkommen vor allem über:
- abrechenbare Leistungen mit gesetzlichen und privaten Krankenkassen,
- individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) und
- ggf. Gutachtertätigkeit oder Kooperationen (z. B. mit Reha-Einrichtungen).
Die individuellen Praxiseinnahmen und das persönliche Nettoeinkommen variieren stark in Abhängigkeit von Standort, Patientenzahl, Praxiskosten und Organisationsform (Einzelpraxis, Berufsausübungsgemeinschaft, MVZ). Verlässliche Durchschnittswerte speziell für Orthopädie werden regelmäßig von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und Berufsverbänden veröffentlicht, liegen aber in einem Spektrum, das deutlich über dem Tarifgehalt von angestellten Fachärztinnen und Fachärzten liegen kann.
Gehalt – Orientierung für das Jahr 2024
- Angestellte Fachärztin / angestellter Facharzt Orthopädie und Unfallchirurgie im Krankenhaus: ca. 78.000–100.000 € brutto/Jahr (ohne Dienste; Tarif TV-Ärzte/VKA, 2023/2024).
- Assistenzärztin / Assistenzarzt in Weiterbildung: ca. 58.000–75.000 € brutto/Jahr je nach Erfahrungsstufe und Diensten.
- Niedergelassene Orthopädin / niedergelassener Orthopäde: stark schwankend, abhängig von Praxisstruktur und Region.
Hinweis: Gehaltsangaben sind Richtwerte und können je nach Tarifvertrag, Arbeitgeber, Bundesland und individueller Situation abweichen.
6. Karrierewege und Spezialisierungen
Nach der Facharztanerkennung stehen Orthopädinnen und Orthopäden verschiedene berufliche und fachliche Entwicklungsmöglichkeiten offen.
Berufliche Entwicklungspfade
- Klinikkarriere:
- Fachärztin / Facharzt
- Oberärztin / Oberarzt (mit Leitungsverantwortung für Bereiche/Stationen)
- Leitende Oberärztin / leitender Oberarzt
- Chefärztin / Chefarzt einer orthopädischen oder unfallchirurgischen Klinik
- Niederlassung:
- Einzelpraxis (Kassenzulassung als Vertragsärztin / Vertragsarzt)
- Gemeinschaftspraxis oder Berufsausübungsgemeinschaft
- Anstellung in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ)
- Reha- und Präventionsmedizin:
- Tätigkeit in Rehabilitationskliniken oder orthopädischen Fachkliniken
- Schwerpunkt auf Nachbehandlung nach Operationen und Unfällen
- Gutachterwesen und Verwaltung:
- Medizinischer Dienst, Berufsgenossenschaften, gesetzliche Unfallversicherung
- Gutachtertätigkeit für Gerichte, Versicherungen
- Funktionen in ärztlicher Selbstverwaltung (Ärztekammern, Kassenärztliche Vereinigungen)
- Forschung und Lehre:
- Wissenschaftliche Tätigkeit an Universitätskliniken oder Forschungseinrichtungen
- Habilitation, Professur
- Lehrtätigkeit in der ärztlichen Aus- und Weiterbildung
Fachliche Spezialisierungen innerhalb von Orthopädie und Unfallchirurgie
Innerhalb des Fachgebiets können Orthopädinnen und Orthopäden Schwerpunkte setzen, u. a. in:
- Wirbelsäulenchirurgie
- Endoprothetik (Gelenkersatz, z. B. Hüfte, Knie, Schulter)
- Sportorthopädie und Sporttraumatologie
- Kinderorthopädie
- Handchirurgie (zusätzliche Schwerpunktweiterbildung möglich)
- Fuß- und Sprunggelenkchirurgie
Einige dieser Spezialisierungen sind über zusätzliche Zusatz- oder Schwerpunktweiterbildungen der Landesärztekammern formal geregelt.
7. Verwandte Berufe
Wer sich für Orthopädie interessiert, findet auch in verwandten Berufen attraktive Perspektiven im Gesundheitsbereich.
- Chirurg / Chirurgin – insbesondere Unfallchirurgie, Allgemein- und Viszeralchirurgie
- Physiotherapeut / Physiotherapeutin – therapeutische Arbeit am Bewegungsapparat
- Ergotherapeut / Ergotherapeutin – Förderung der Selbstständigkeit im Alltag nach Verletzungen oder Operationen
- Orthopädietechnik-Mechaniker / -Mechanikerin – Anfertigung von Prothesen, Orthesen und orthopädischen Hilfsmitteln
- Radiologe / Radiologin – bildgebende Diagnostik, z. B. Röntgen, MRT, CT
- Rheumatologe / Rheumatologin – Behandlung entzündlich-rheumatischer Erkrankungen mit Gelenkbeteiligung
8. FAQ: Orthopäde / Orthopädin
1. Was ist der Unterschied zwischen Orthopädie und Unfallchirurgie?
Orthopädie befasst sich vor allem mit Erkrankungen, Fehlstellungen und Verschleißerscheinungen des Bewegungsapparates, während die Unfallchirurgie den Schwerpunkt auf die Behandlung von Verletzungen nach Unfällen legt. In Deutschland sind beide Bereiche in der gemeinsamen Facharztweiterbildung Orthopädie und Unfallchirurgie zusammengeführt.
2. Wie lange dauert es, bis man Orthopäde / Orthopädin ist?
Nach dem Abitur dauert der Weg in der Regel mindestens 12–13 Jahre: etwa 6 Jahre Medizinstudium plus rund 6 Jahre Facharztweiterbildung Orthopädie und Unfallchirurgie. Individuelle Verlängerungen (z. B. durch Teilzeit, Forschungszeiten) sind möglich.
3. Braucht man für Orthopädie unbedingt ein Medizinstudium?
Ja. Orthopäde / Orthopädin ist ein ärztlicher Facharztberuf. Voraussetzung ist ein abgeschlossenes Studium der Humanmedizin mit anschließender Approbation als Arzt / Ärztin sowie die Facharztweiterbildung Orthopädie und Unfallchirurgie. Ohne Medizinstudium sind jedoch verwandte Berufe im orthopädischen Bereich möglich, z. B. Physiotherapie oder Orthopädietechnik.
4. Ist der Beruf körperlich und psychisch belastend?
Der Beruf kann körperlich fordernd sein – etwa bei langen Operationen oder Versorgungen in der Notaufnahme. Auch psychisch ist die Tätigkeit anspruchsvoll, z. B. bei schweren Unfallverletzungen, chronischen Schmerzpatientinnen und -patienten oder komplexen Behandlungsentscheidungen. Gleichzeitig berichten viele Orthopädinnen und Orthopäden von einer hohen beruflichen Zufriedenheit, da sie Menschen konkret zu mehr Beweglichkeit und Lebensqualität verhelfen können.
9. Quellen
- Bundesärztekammer (BÄK): Informationen zur (Muster-)Weiterbildungsordnung, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie.
- Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV): Daten und Analysen zur vertragsärztlichen Versorgung, Fachgruppe Orthopädie / Orthopädie und Unfallchirurgie.
- Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern (TV-Ärzte/VKA), aktuelle Entgelttabellen 2023/2024.
- Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO) – Regelungen zum Studium der Humanmedizin und zur Ärztlichen Prüfung.